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Solidarität ist die beste Waffe in jeder Krise!

Corona-Update: solidarisch durch die Pandemie

Die Corona-Pandemie fordert uns seit über einem Jahr als Gesellschaft und Individuen bis an unsere Belastungsgrenzen heraus. Viele von uns haben Angehörige, Menschen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis oder Kolleg*innen verloren. Viele von uns leiden immer noch unter Nachwirkungen einer durchgemachten COVID-19-Infektion. Als Gesellschaft wird das Spannungsverhältnis zwischen Solidarität und individueller Freiheit täglich neu ausgehandelt.

Als ver.di Jugend finden und entwickeln wir in unserer gewerkschaftlichen Arbeit jeden Tag aufs Neue Lösungen für Herausforderungen, die wir uns vor einem Jahr nicht einmal hätten vorstellen können. Und das mit Erfolg! Trotz Pandemie-Bedingungen konnten wir mit unseren Kolleg*innen in der öffentlichen Daseinsvorsorge und bei der Post die Tarifauseinandersetzung um bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für uns gewinnen. Wir haben erfolgreich für die Ausweitung des Kurzarbeiter*innengeldes gekämpft und durch die Mitarbeit am Bundesprogramm "Schutzschirm für die Ausbildung" darauf hingewirkt, dass Ausbildungsplätze kurzfristig geschützt werden.

Langfristige Perspektive für mehr Ausbildungsplätze? Ausbildungsgarantie und Umlage!

Die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, dass das duale Ausbildungssystem in der aktuellen Form nicht krisenfest ist. Immer wieder brechen in Krisensituationen Ausbildungsplätze weg. Immer wieder sind die Leidtragenden junge Schulabgänger*innen, denen damit ein guter Start in das Berufsleben erschwert wird. Doch auch ohne Krisensituation wollen die Arbeitgeber*innen immer weniger in Ausbildungsplätze investieren. Es braucht also einen Schritt nach vorne und mehr als nur einen temporären Rettungsschirm, der Unternehmen dabei unterstützt, ihre Pflicht zu tun – nämlich auszubilden. Was es braucht ist eine Ausbildungsgarantie und die finanziellen Maßnahmen eines umlagegestützten Zukunftsfonds.

Die Ausbildungsgarantie ist ein gesetzlich garantierter Anspruch auf einen Ausbildungsplatz für alle jugendlichen Ausbildungsinteressierten, die innerhalb eines Jahres – nach Meldung bei der Agentur für Arbeit – keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die Ausbildungsgarantie soll im SGB III verankert und damit Teil der staatlichen Arbeitsmarktförderung werden. Garantiert werden soll der Einstieg in das erste Ausbildungsjahr eines anerkannten vollqualifizierenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes. Die Vermittlung in eine reguläre betriebliche Ausbildung muss dabei Vorrang haben.

Um die Zahl der ausbildenden Betriebe spürbar zu erhöhen, wird eine leistungsfähige Bildungsinfrastruktur in Form von überbetrieblichen Bildungszentren (Verbundausbildung) aufgebaut bzw. vorhandene Strukturen werden gestärkt. Der Aufbau wird durch den Zukunftsfonds finanziert. Betriebe, die nicht in der Lage sind, eine qualitative Ausbildung vollumfänglich zur Verfügung zu stellen, können eine Förderung durch den Zukunftsfonds für die Nutzung dieser Ausbildungsinfrastruktur erhalten.

Eine Ausbildungsgarantie muss durch eine Finanzierung gedeckt sein, die sicher und krisenunabhängig ist. Wir stehen an dieser Stelle für das Konzept einer Ausbildungsumlage. So ist Ausbildung weder vom Markt abhängig, noch von Versicherten- oder Steuergeldern. Gerade bei Letzterem sind Substitutionseffekte zu befürchten. Die Ausbildungsumlage ist ein eigenes, unabhängiges System, welches von den Betrieben gestützt, von den Sozialpartnern geregelt und über ein Bundesgesetz abgesichert ist. In einigen Branchen wurden bereits erfolgreich Umlagesysteme mit Branchenfonds eingerichtet. Diese gilt es aufrechtzuerhalten und zu stärken. Dort, wo es keine branchenbezogenen Umlagefonds gibt, soll die bundesweite Ausbildungsumlage greifen. In diesem System zahlen alle Betriebe in einen gemeinsamen Fonds ein. Betriebe, die Auszubildende einstellen, bekommen finanzielle Unterstützung aus dem Fonds. Eine solche Art der Umlagefinanzierung wurde zuletzt 2018 durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als verfassungsgemäß anerkannt.

Der Zukunftsfonds soll die Maßnahmen des Übergangsbereiches ersetzen und den jungen Menschen eine echte Perspektive bieten. Die Ausbildungsgarantie sichert Jugendlichen das Recht auf Ausbildung und bietet Verlässlichkeit – unabhängig der Willkür des Marktes!

Insbesondere der öffentliche Dienst als größte Arbeitgeberin hat für gute Ausbildungsbedingungen und ausreichend Ausbildungsplätze zu sorgen. Die Neuverschuldung aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie dürfen nicht dazu führen, dass weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen und es somit zu einer Zuspitzung im Ausbildungsmarkt kommt.

Das Tarifjahr 2021 wird solidarisch!

Auch in unserem Kerngeschäft – der Tarifarbeit – stehen wir Seite an Seite und lassen uns nicht mit vorgeschobenen Argumenten kleinreden. 2021 stehen große Tarifrunden an: Die Tarifrunden im Handel, bei den öffentlichen und privaten Banken und bei den Ländern – und diese werden wir kampfesmutig aufmischen. Wir stehen seit Beginn der Pandemie an vorderster Stelle und halten den Laden am Laufen. Darum wollen wir Anerkennung, die sich langfristig im Geldbeutel und auch in den Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bemerkbar macht. Wir wollen echte Perspektiven nach der Ausbildung!

Für die Umsetzung unserer tarifpolitischen Ziele ist es unerlässlich, dass Tarifverhandlungen während der Pandemie nicht in einer ordnungspolizeilichen Grauzone liegen und nicht unter behördlichem Genehmigungsvorbehalt stehen. Sofern noch nicht geschehen, fordern wir die Bundesländer auf, ehrenamtliche Tätigkeiten im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG der ehrenamtlichen Tätigkeit für öffentlich-rechtliche Körperschaften gleichzustellen und Ausnahmen für Zusammenkünfte der Tarifpartner*innen in die Corona-Schutz-Verordnungen aufzunehmen.

Wir stärken Auszubildende, (dual) Studierende und junge Beschäftigte!

Als ver.di Jugend stehen wir solidarisch mit den Auszubildenden, die sich in dieser Ausnahmesituation auf ihr Berufsleben vorbereiten müssen. Diese besondere Lern- und Lehrsituation darf nicht dazu führen, dass eine ganze Generation von Auszubildenden im Regen stehen gelassen wird.

Daher kämpfen wir in den Betrieben und Dienststellen dafür, dass die Ausbildung – orientiert am Ausbildungsziel – sichergestellt wird! Unsere Erwartung ist, dass Betriebe und Dienststellen alle ihre Mittel ausschöpfen, um ihrer Ausbildungspflicht nachzukommen. Auch im Homeoffice müssen die Auszubildenden umfassend betreut werden. Homeoffice darf nicht dazu führen, dass eine Verdichtung der Aufgaben zu einer Überlastung der Lernsituation führt. In der Regel sollen die Auszubildenden vor Ort im Betrieb ausgebildet werden, da ihnen häufig nur dort die benötigten Lernmittel zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass zwingend auch ein*e Ausbilder*in zur Verfügung stehen muss, um die Auszubildenden zu betreuen. Werden die Auszubildenden aufgrund der pandemischen Situation ins Homeoffice geschickt, müssen alle notwendigen Anschaffungen für den Arbeitsplatz zu Hause von Arbeitgeber*innen übernommen werden. Auch sämtliche Lernmittel müssen den Auszubildenden frei zur Verfügung gestellt werden.

Wir machen klar, dass Auszubildende bei einer Zahlung von steuerfreien Corona-Sonderzahlungen zur Abmilderung von besonderen Belastungen in der Pandemie entsprechend zu berücksichtigen sind. Auch sie tragen solidarisch die Last der Pandemie mit!

Ebenfalls können ausgelernte Kolleg*innen auf unsere Unterstützung bauen! Tausende junge Arbeitnehmer*innen sind oder waren in den letzten Monaten von Kurzarbeit betroffen. Insbesondere unsere Kolleg*innen im Friseurhandwerk, in den Kinos, Hotels, Cafés, Restaurants und Geschäften im Einzelhandel müssen mit 60 Prozent (67 Prozent bei denen mit Kindern) oder 70 Prozent (bzw. 77 Prozent) ihres ohnehin schon sehr niedrigen Einkommens über die Runden kommen. Darum fordern wir die Einführung eines branchenunabhängigen Mindest-Kurzarbeiter*innen-Geldes von mindestens 1.200 Euro.

Wir setzen uns schon lange dafür ein, dass sachgrundlose Befristung und Befristung auf Probe abgeschafft werden! Kettenbefristungen müssen wirksam verhindert werden, damit (junge) Beschäftigte wenigstens eine kleine Sicherheit in Krisen-Zeiten haben und das Risiko von Auftragsflauten muss fair auf Seiten der Arbeitgeber*innen wie Arbeitnehmer*innen verteilt werden.

Kettenbefristungen betreffen auch Studierende und ihre Nebenjobs. Studierende sind oft besonders prekär angestellt und tragen die Last der Pandemie besonders stark auf ihren Schultern. Die von starken Einschnitten durch die Pandemie geprägten Semester, zu denen mindestens die Sommersemester 2020 und 2021 sowie das Wintersemester 2020/2021 zählen, dürfen keine zusätzlichen negativen Folgen – insbesondere förder- und aufenthaltsrechtlicher Art – nach sich ziehen. Sowohl das Einhalten der Regelstudienzeit, von der eine Reihe anderer Ansprüche, wie z. B. das BAföG, abhängt, als auch die Verlängerung von Visa zu Studienzwecken muss in dieser Ausnahmesituation möglich sein. Stipendien zur Studien- und Promotionsförderung sind analog zum BAföG zu verlängern. Darüber hinaus fordern wir, die geltenden Regelungen zum Nachteilsausgleich angemessen zu erweitern, um individuelle krisenbedingte Nachteile, z. B. eingeschränkte Internetzugänge, parallele Sorgeverpflichtungen etc. auszugleichen. Auslaufende Studienordnungen und -gänge müssen analog der obigen Regelungen verlängert werden. Zwangsexmatrikulationen sind auszusetzen.

Mit Solidarität durch die Pandemie!

Wie eingangs beschrieben stellt die Pandemie auch unser gesellschaftliches Zusammenleben auf die Probe. Es erscheint oft als ungerecht, dass wir uns im Privaten aus Solidarität stark einschränken und so gut wie keine Kontakte mehr haben – gleichzeitig aber in überfüllten Bussen und Bahnen zu unserem Betrieb oder zu unserer Dienststelle fahren, um uns dort mit vielen Menschen in eine Risikosituation zu begeben.

Wir stehen für einen klaren Fokus auf den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz! Der Schutz der Gesundheit und des menschlichen Lebens darf nicht am Werkstor oder der Pforte Halt machen. Die Arbeitgeber*innen sind in der Verantwortung, strikte Maßnahmen zum Arbeitsschutz und deren Kontrolle bereitzustellen. Zusätzlich zur Bereitstellung von Schutzkleidung und Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz gehört hierzu auch das regelmäßige - am besten tägliche - Testen am Arbeitsplatz. Es kann nicht sein, dass sich Schüler*innen für ihr Recht auf Bildung testen müssen, Arbeitgeber*innen sich jedoch zieren, eine Test-Infrastruktur für ihre Arbeitnehmer*innen zur Verfügung zu stellen. Eine gesetzliche Grundlage für das Recht auf Homeoffice ist einzuführen und durchzusetzen.

Wir brauchen eine solidarische Pause! Daher schließen wir uns der Forderung an, die gesellschaftlich nicht dringend erforderlichen Bereiche der Wirtschaft herunterzufahren, zu schließen oder ins Homeoffice zu verlagern - arbeitsrechtlich abgesichert und nicht auf Kosten der Arbeitnehmer*innen. Ein weiteres wichtiges Werkzeug in der Bekämpfung der Pandemie ist auch die Impfstrategie: Der Aufbau von Herdenimmunität ist für vulnerable Gruppen, die sich nicht impfen lassen können, essenziell. Es braucht eine gesellschaftliche Kraftanstrengung, dass so schnell wie möglich allen Menschen ein Impfangebot gemacht werden kann. Hierzu braucht es nicht nur die notwendige Infrastruktur in Impfzentren und bei Hausärzt*innen. Wir fordern die zeitweise staatliche Nutzung der Impfstoff-Patente und die pragmatische Umstellung von industriellen Produktionsressourcen hin zur Impfstoffproduktion, damit - ebenso schnell wie die Infrastruktur - auch genügend Impfstoff zur Verfügung steht.

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