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Überstunden in der Ausbildung? Mehr Schutz für Auszubildende

Knapp ein Drittel der Auszubildenden in Deutschland macht dem Ausbildungsreport 2022 der DGB Jugend zufolge regelmäßig Überstunden – in Spitzen sogar bis zu 20 Stunden pro Woche. Und das, obwohl in der Ausbildung Überstunden eigentlich überhaupt nicht anfallen sollten. Zwei Gesetzesänderungen – die Pflicht zur Zeiterfassung und die Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen – sollen die Auszubildenden künftig besser vor Überstunden und Mehrarbeit schützen.

Die wöchentliche Arbeitszeit in der Ausbildung ist im Ausbildungsvertrag festgeschrieben. Die in der Ausbildungsordnung und im Rahmenplan festgeschriebene Stundenzahl dient der Berufsausbildung der jungen Menschen. Das, was über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht, sind Überstunden. Auch sie müssen mit dem Erreichen des Ausbildungsziels in Verbindung stehen. Als billige Arbeitskräfte – etwa weil Fachkräfte generell fehlen oder Kolleg*innen kurzfristig erkrankt sind – dürfen Auszubildende nicht eingesetzt werden. In diesem Fall fielen Überstunden in die Kategorie „ausbildungsfremde Tätigkeiten“.

Dennoch sind Überstunden in der Ausbildung keine Seltenheit, wie der aktuelle Ausbildungsreport der DGB Jugend zeigt. Vor allem jungen Menschen, die frisch in der Ausbildung sind und sich in der Probezeit befinden oder zum Ende ihrer Ausbildung auf Übernahme hoffen, fällt es schwer, sich gegen Überstunden zur Wehr zu setzen. Laut DGB-Ausbildungsreport 2022 leisten Auszubildende durchschnittlich 3,6 Stunden pro Woche mehr, als ihr Ausbildungsvertrag es eigentlich vorsieht. Und 11,6 Prozent der Auszubildenden bekommen für ihre Überstunden weder einen Freizeitausgleich noch eine Vergütung. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das in § 17 vorsieht: Überstunden sind „besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen“.

Überstundenregelung ist Bestandteil des Ausbildungsvertrags
Weil Theorie und Praxis deutlich voneinander abweichen, hat der Gesetzgeber nachgelegt. Seit August 2022 muss bereits im Ausbildungsvertrag festgelegt werden, wie mit etwaigen Überstunden umzugehen ist, also ob Auszubildende eine finanzielle Vergütung dafür bekommen oder ob sie für die Überstunden einen Freizeitausgleich erhalten. Grundlage dessen ist das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie „über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts“, das am 1. August 2022 in Kraft getreten ist. Dies hat auch Auswirkungen auf die gesetzlich geforderten Angaben in den Ausbildungsverträgen gemäß § 11 BBiG.

Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit
Zudem sorgt ein Urteil, das das Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt im September gefällt hat, für weiteren Schutz der Auszubildenden. Darin hat das BAG verbindlich festgestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die Arbeitszeiten von Arbeitnehmer*innen systematisch zu erfassen. Die verpflichtende und exakte Dokumentation der Arbeitszeit soll zu einer besseren Work-Life-Balance der Beschäftigten und Auszubildenden führen und deren Gesundheitsschutz effektiver fördern. Zu viele Überstunden nämlich tragen nicht nur zur Unzufriedenheit der Auszubildenden bei, sondern können auch gravierende Auswirkungen auf das körperliche und physische Wohlbefinden haben.

Wie die systematische Erfassung der Arbeitszeit auszusehen hat – ob elektronisch oder per handgeschriebener Stundenzettel –, ist vom Gesetzgeber nicht geregelt. Klar ist nur, dass der Arbeitgeber zur Dokumentation verpflichtet ist. Wenn ihr Fragen dazu habt, wie das in eurem Betrieb/eurer Dienststelle geregelt ist, sprecht eure Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oder euren Betriebsrat/Personalrat an.

 

  

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