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Digitalisierung in der betrieblichen Ausbildung und Prüfung

Die Ausbildungs- und Arbeitswelt ist von stetigen Veränderungen betroffen. Digitalisierung, Automatisierung und der Einsatz von künstlicher Intelligenz sorgen für eine erhebliche Beschleunigung dieses Prozess und sorgt dafür, dass sich Tätigkeiten enorm verändern. Besonders junge Menschen, die ihr vollständiges Erwerbsleben noch vor sich haben, sind hiervon betroffen. Darum ist es erforderlich, dass die Abläufe in der Ausbildung, die vermittelten Kompetenzen und die hierfür eingesetzten Methoden angepasst werden.

Neben der Ausbildungssituation im Betrieb und Dienststelle ist auch der Lernort Berufsschule betroffen. Die Corona-Pandemie hat die Schwächen deutlich gemacht. Auch hier braucht es Veränderungen für eine moderne und digital unterstützte Ausbildung.

Ausbildungen sollen junge Menschen befähigen, einen Beruf mit Freude zu erlernen. Das Bild einer “Lehre” muss endlich aus den Dienststellen und Betrieben verschwinden und die Eigenständigkeit von Auszubildenden und dual Studierenden in der Ausbildung gefördert werden. Jede*r Auszubildende und dual Studierende ist hierbei ein Individuum und benötigt für den Ausbildungsprozess individuelle Förderung. Eine Digitalisierung der Ausbildung soll die Auszubildenden unterstützen und nicht in die vollständige Eigenverantwortung der jungen Menschen übergehen. Die Ausbildenden sind im erheblichen Maß für eine erfolgreiche Ausbildung verantwortlich.

Ausbildungsordnungen, -pläne und -inhalte

Der schnelle Wandel der Arbeitswelt wirft viele Fragen in Bezug auf unsere duale Berufsausbildung auf. Die bestehenden Berufsbilder müssen auf Zukunftsfähigkeit geprüft und Ausbildungsordnungen angepasst werden. Dazu wurden im April 2020 neue Standardberufsbildpositionen beschlossen. Diese beinhalten die Themen:

  • Digitalisierte Arbeitswelt
  • Umweltschutz und Nachhaltigkeit
  • Organisation des Ausbildungsbetriebes, Berufsbildung, Arbeits- und Tarifrecht
  • Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Zur digitalisierten Arbeitswelt gehören Unterthemen wie Datenschutz, Risiken bei der Nutzung digitaler Medien, Kommunikation, Störungen erkennen und Lösungen finden, Recherche und Informationsbeschaffung, Lern- und Arbeitstechniken und vieles mehr. Diese neuen Inhalte müssen nun bei allen Neuordnungen in die Ausbildungsordnungen aufgenommen werden.

Die neuen Inhalte zeigen, dass Digitalisierung nicht über reines Fachwissen zu erlernen und in die Ausbildung zu implementieren ist. Vielmehr müssen sich die Ausbildungsinhalte grundlegend an neuen Herausforderungen orientieren. Problemlöse-, Lern-, System-, Prozess- und Selbstkompetenzen rücken weiter in den Mittelpunkt.

Da die Novellierung von Ausbildungsordnungen langwierige Prozesse sind, Ausbildungsordnungen aber immer technikoffen formuliert werden, sind Betriebe und Dienststellen dazu angehalten, die Inhalte jetzt schon in ihrer Ausbildung abzudecken.
Die Veränderungen in der Arbeitswelt, und damit immer neue Anforderungen, erfolgen in immer schnellerem Tempo. Neuordnungsprozesse werden dem mitunter nicht gerecht. Eine Modularisierung und Flexibilisierung der Ausbildung kann darauf aber nicht die Antwort sein. Vielmehr muss das System der Modernisierung erneuert werden.

Bei der Implementierung der Digitalisierung in die Ausbildung muss der Grundsatz der Hinführung zur Chancengleichheit berücksichtig werden. Digitalisierung soll ergänzen und unterstützen und keine zusätzliche Hürde oder dem Selbstzweck wegen eingesetzt werden.

Politische Forderungen

  • Die ver.di Jugend fordert eine Prozessüberarbeitung der Neuregelungen der Ausbildungsordnungen zur Beschleunigung der Novellierungsprozesse.
  • Die ver.di Jugend spricht sich gegen eine Modularisierung der dualen Berufsausbildung aus.
  • Um die Novellierungsprozesse zu beschleunigen, sollen in Zusammenarbeit mit dem Bereich Bildungspolitik Ideen erarbeitet werden, wie Kernqualifikationen in Berufsgruppen gebündelt novelliert, gleichzeitig aber die Spezialisierungen innerhalb der Berufsuntergruppen behandelt werden können. Dies soll unter dem Grundsatz erfolgen, dass das System der dualen Berufsausbildung beibehalten und gestärkt wird.
  • Ausbildungsinhalte müssen auf die Zukunft der Arbeitswelt angepasst werden. Digitalisierung ist dabei nicht nur eine fachliche Komponente. Der Fokus muss dabei auf der Aneignung übergreifender Kompetenzen liegen, die mit bestehenden Handlungsfeldern verknüpft werden.
  • Technische Grundlagenbildung und erweiterte Technikkompetenz muss Teil der schulischen und beruflichen Ausbildung sein. Der jungen Generation darf dabei eine Technikkompetenz nicht pauschal zugeschrieben werden, sondern es muss die Möglichkeit geben, diese zu erlernen.
  • Gemeinsame Ausbildung in Verbundsystemen muss weiter ausgebaut werden. Die Förderkriterien sollen dahingehend angepasst werden, dass Verbundausbildung auch im nicht-technischem Bereich attraktiver wird und neue Ausbildungshinhalte durch Verbundausbildung schneller in die Praxis übernommen werden und mehr Betriebe ausbilden können.
  • Lernortkooperationen müssen im Zuge der Digitalisierung stärker in den Fokus genommen und bei Digitalisierungsprozessen berücksichtigt werden.
  • Dual Studierende und Beamtenanwärter*innen müssen im Rahmen der Digitalisierung gleiche Rechte in der Ausbildung zugesprochen werden. Ein erster Schritt dahingehend ist die vollumfängliche Aufnahme in den Regelungsbereich der Berufsgesetze.
  • Digitalisierung soll genutzt werden, um die Förderung von Auszubildenden und die Inklusion zu steigern. So soll mehr Menschen die Möglichkeit gegeben werden, eine anerkannte und vollumfängliche Ausbildung zu absolvieren. Dies kann beispielsweise durch digitalisierte Antragsverfahren für Förderungen und Unterstützungen, aber auch durch digitale Assistenzsysteme erfolgen.
  • In Bewerbungsverfahren und Assessment-Centern darf Technikkompetenz keine grundlegende Voraussetzung darstellen. Bewerbungsverfahren sollen diskriminierungsfrei und unabhängig von Schulnoten durchgeführt werden.
 

Technische Ausstattung

Um der Digitalisierung auch in der beruflichen Bildung gerecht zu werden, müssen entsprechende Grundlagen geschaffen werden. Während der Corona-Pandemie wurden Missstände in der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen, der Infrastruktur und von Auszubildenden und dual Studierenden durch die Betriebe und Dienststellen deutlich. Trotz Instrumenten wie dem Digitalpakt, stützte sich der Unterricht auf analoge Didaktik und Material. Technische Ausstattung von den Betrieben wurde nur selten bereitgestellt. Durch die Lockdown-Phasen und neue Herausforderungen in der Ausbildung durch Kontaktbeschränkungen oder betriebliche Hygienekonzepte musste in kurzer Zeit die benötigte Technik bereitgestellt oder auf Privatgeräte zurückgegriffen werden.

Politische Forderungen

  • Die ver.di Jugend fordert den Erhalt und Ausbau staatlicher Finanzierungen, Entwicklung, Betreuung und Ausbau von digitaler Infrastruktur, wie Clouds, Lernplattformen und digitale Tools sowie das Weiterbestehen und der niedrigschwellige Ausbau von Finanzierung von technischer Ausstattung für (Berufs-)Schulen und staatlichen Bildungseinrichtungen.
  • Mindestanforderungen für die technische Ausstattung müssen festgeschrieben und von den Arbeitgebern für die Nutzung während der Ausbildung in allen Lernorten gestellt werden. Digitale Endgeräte sollen als notwendige Ausbildungsmittel mit geregelter Kostenübernahme durch die Arbeitgeber in die Berufsgesetze (Berufsbildungsgesetz und Co.) übernommen werden.
 

Ausbildungspersonal, Methodik und Didaktik

Im Rahmen der Digitalisierung wird das Ausbildungspersonal in Bezug auf Methodik und Didaktik vor neue Herausforderungen gestellt.

Derzeit wird durch die AEVO (Ausbilder*inneneingungsverordnung) dem Ausbildungspersonal zum Teil nur eine geringe Vielfalt an Methoden vermittelt. Die Realität zeigt deshalb leider häufig, dass überwiegend Frontalunterricht stattfindet oder aber das Ausbildungspersonal auf das vier-Stufen-Modell, welches auf der Grundlage des Vor- und Nachmachens basiert, zurückgreift.

Auffällig hierbei ist, dass gut ausgebildete Ausbilder*innen häufiger verschiedene Methoden anwenden, die Didaktik auf die Ausbildungsinhalte und die Auszubildenden abstimmen und von den überholten Methoden abweichen. Dabei gibt es bereits gute Praxisbeispiele zu projektorientiertem Lernen, welches Handlungskompetenzen und Eigenverantwortung der Auszubildenden fördert.

Klar ist, dass die Ausbildungsmethoden nicht abhängig sein dürfen von den Möglichkeiten des Ausbildungspersonals zur eigenen Qualifizierung.

Deshalb ist die Einbeziehung von höher qualifiziertem Ausbildungspersonal, beispielsweise durch Berufs- oder Aus- und Weiterbildungspädagog*innen, wichtig. Diese können mit ihrem Fachwissen unterstützend dazu beitragen, welche Methoden, Tools und didaktischen Vorgehensweisen praxistauglich sind.

Bei der Anwendung der ausgewählten Methoden ist es wichtig, diese Methoden kontinuierlich zu überprüfen und auf die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.

Aber auch die AEVO trägt ihren Teil dazu bei. Es hat sich gezeigt, dass der einmalige Erwerb des Ausbildungsscheins durch die Ausbildereignungsprüfung nicht ausreicht. Vielmehr müssen Ausbildungen entsprechend verbindlicher Rahmenpläne für die Ausbilder*innen und regelmäßige Auffrischungen stattfinden, um auf neue Herausforderungen bei Ausbildungsinhalten zielgerichtet einzugehen und neue didaktische Erkenntnisse in die Ausbildung einfließen lassen zu können.

Politische Forderungen

  • Die Anpassung der AEVO, so dass sie zur Verbesserung der Ausbildung beiträgt. Hierzu bedarf es neuer Wege wie das Wissen von Berufspädagog*innen in die Ausbildung von Ausbilder*innen implementiert werden können. Ebenfalls müssen die Regelungen auch für die Vertreter*innen der freien Berufe gelten.
  • Klare Vorschriften zu etablieren, wie Ausbildungsmethodiken und moderne didaktische Kompetenzen anzuwenden sind. Lehrformen sind durch neue und zeitgemäße Didaktik zu ersetzen. Dazu bedarf es einer stetigen Weiterentwicklung der angewandten Methoden.
  • Die Auffrischung des Ausbildungsscheins muss verpflichtend für alle Ausbilder*innen sein. Dies kann in der Folge auch bedeuten, dass die Möglichkeit der Ausbildungsbefähigung abläuft.
  • Darüber hinaus sollen regelmäßige Weiterbildungen einen Ort zum Austausch bieten. Der Austausch soll innerbetrieblich zwischen den Ausbilder*innen gestärkt werden, aber auch zwischen den Betrieben und den Berufsschulen bzw. Hochschulen.

 

Prüfungen

Am Ende einer jeden Ausbildung steht die Abschlussprüfung. Es ist wichtig, dass Digitalisierung in der Ausbildung nicht zu einem Qualitätsabbau führt. Die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung digitaler Prüfungen wurde Mitte 2022 geschaffen, so dass erste Prüfungs- und Ausbildungsordnungen auf die Umsetzbarkeit geprüft werden.

Derzeit sind fast ausschließlich Mehrfachauswahl-Fragen für eine automatisierte Auswertung geeignet. Diese Methode entspricht nicht einer handlungsorientierten Kompetenzprüfung wie sie von Gewerkschaften und Prüfer*innen gefordert wird. In der Arbeitswelt sind Beschäftigte mit Situation und Aufgaben konfrontiert, die erledigt oder gelöst werden müssen. Dies muss sich in den Prüfungen widerspiegeln. Solche Prüfungen lassen sich nicht automatisiert auswerten und es bedarf hierfür die Anwendung von menschlichem Ermessen, so dass volldigitalisierte Prüfungen darauf nicht ohne Weiteres übertragbar sind. Um eine handlungsorientierte Prüfung zu ermöglichen, sind die Prüfungsordnungen der jeweiligen Ausbildungsberufe anzupassen. Für die Prüfungssituation sollen dieselben Arbeits- und Hilfsmittel wie am künftigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden.

Wenn die Ausbildung digitaler werden soll, muss die Kommunikation mit der zuständigen Stelle digitaler werden. Hierzu gehören die Eintragung der Ausbildungsverhältnisse, der Nachweis über die Führung des Berichtshefts, die Anmeldungen zur Zwischen- bzw. Abschlussprüfung und letztlich die Aushändigung der Prüfungsbescheinigung bzw. des Abschlusszeugnisses. Gerade beim Zeugnis besteht der Vorteil, dass dieses verschlüsselt abgelegt und zum Beispiel für ein weiteres Bewerbungsverfahren mit Aushändigung der Validierungsdaten auf seine Echtheit überprüft werden kann, ohne, dass dieses beglaubigt werden muss.

Zunehmend ergibt sich die Herausforderung, gewerkschaftliche Vertreter*innen für die Tätigkeit als Prüfer*innen in den Prüfungsausschüssen zu gewinnen. Das Amt als Prüfer*innen muss gestärkt werden. Hierfür müssen die entsprechenden Freistellungs- und Vergütungsregelungen angepasst und verbessert werden. Prüfer*innen müssen auch die Möglichkeit haben, eine Freistellung für ein Prüferseminar zu bekommen. Außerdem soll den Kolleg*innen, die sich bereit erklären die Tätigkeit als Prüfer*in zu übernehmen, ein digitales Netzwerk sowie sinnvolle technische Tools zur Wahrnehmung dieses Amts zur Verfügung gestellt werden. Dies betrifft die direkte Tätigkeit als Prüfer*in. Hierzu sollen die zuständigen Stellen einen Workflow entwickeln, um die Prüfungen komfortablen kontrollieren zu können.

Der Grundsatz der Chancengleichheit muss bei der Digitalisierung der Ausbildung und Prüfungen gewahrt bleiben. Die Unversehrtheit der eigenen Wohnung darf nicht vernachlässigt werden. Digitale Prüfungen vom eigenen Wohnraum aus können nur freiwillig erfolgen. Für Prüfungen müssen die erforderlichen Räume sowie die Gerätschaften durch den Ausbildungsbetrieb bereit gestellt werden. Wenn eine Prüfung digital von zu Hause angestrebt ist, dürfen technische Hürden nicht zu einem Ausschluss führen. Hierfür sind direkt Ausweichtermine bei der Planung zu berücksichtigten.

Politische Forderungen

  • Die ver.di Jugend fordert die Anpassung von Prüfungen in Ausbildungsordnungen hin zur handlungsorientierten Kompetenzprüfung. Die Prüfungen sollen Arbeitsrealitäten abbilden, so dass eine Prüfung die Tätigkeiten am künftigen Arbeitsplatz widerspiegelt.
  • Ein digitaler Ablauf zwischen Dienststelle oder Betrieb und zuständiger Stelle von der Eintragung des Ausbildungsverhältnisses über den Nachweis des Berichtshefts bis hin zur Prüfungsanmeldung muss geschaffen werden.
  • Digitale Zertifikate und Prüfungsnachweise, deren Echtheit verifiziert werden können, sollen zum Standard werden.
  • Ein Prüferinnennetzwerk zur Steigerung der Attraktivität der Prüferinnentätigkeit durch Vereinfachung der Prozesse sowie eine Bereitstellung digitaler Tools für diese Tätigkeit soll entwickelt werden.
  • Digitale Prüfungen sollen weiterhin dem Grundsatz der Chancengleichheit unterliegen und niemand durch technische Hürden benachteiligt werden.
 

Ausbildung auf Distanz

Durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Möglichkeit zur mobilen Arbeit von zu Hause, hat das Thema Ausbildung auf Distanz eine größere Bedeutung bekommen. Aktuell verstetigen zunehmend mehr Betriebe und Dienststellen die Möglichkeiten zur mobilen Arbeit und im Zusammenhang damit auch die mobile Ausbildung. Dies geht jedoch mit einigen Herausforderung einher, da oft die Qualität der Ausbildung unter einer nicht geregelten mobilen Ausbildung leidet. Deshalb ist es wichtig, dass hierfür in den Betrieben und Dienststellen klare Rahmenbedingungen für die mobile Ausbildung geschaffen werden müssen, welche besonders die technische Ausstattung, den zeitlichen Rahmen, die Auswahl der Ausbildungsinhalte und die Betreuung durch die Ausbilder*innen festgeschrieben werden. Um diese Herausforderungen zu benennen und erste Rahmen zur betrieblichen Gestaltung aufzuzeigen, erarbeitet die ver.di Jugend im Rahmen der DGB Jugend gemeinsam einen Kriterienkatalog “mobile Ausbildung”. Dieser dient dazu, in politischen Diskussionen eine gemeinsame Positionierung zu haben, aber auch um branchenspezifische Ableitungen darauf zu entwickeln. Dieser Kriterienkatalog formuliert Grenzen und Bedingungen für mobile Ausbildung.

Grundsätzlich steht die Ausbildungsqualität im Vordergrund, was eine mobile Ausbildung in vielen Fällen ausschließt. Mobile Ausbildung darf daher - wenn dann - nur verhältnismäßig angewandt werden. Dies bedeutet im Einzelnen, dass auch nur dort mobil ausgebildet wird, wo auch im späteren Beruf mobile Arbeit eine Rolle spielt oder die mobile Ausbildung einen wirklichen Mehrwert für die Ausbildungsqualität hat. Außerdem sollen Auszubildende nicht die Kosten für die mobile Ausbildung tragen müssen. Die Kosten für Heizung, Strom, Internet und technischer Ausstattung müssen daher vom Arbeitgeber gestellt werden.

Auch Distanzunterricht in der Berufsschule spielte während der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle. Wir lehnen dieses Konzept ab, da dies Folgen für die Qualität der Ausbildung haben kann. Unterrichtseinheiten mithilfe von digitalen Plattformen oder durch Videokonferenzen sollten lediglich als Instrument der Vernetzung zwischen den Berufsschulen und dem Austausch von Lerninhalten/Kompetenzen genutzt werden, um die generelle Qualität des Berufsschulunterrichts aufzuwerten.

Politische Forderungen

  • Mobile Ausbildung darf die Ausbildung im Betrieb nicht ersetzen. Deshalb soll sie, falls sie angewandt wird, zeitlich begrenzt stattfinden. Generell soll die Ausbildung in Präsenz im Betrieb oder der Dienststelle Vorrang haben. Mobile Ausbildung soll nur dort angewendet werden, wo auch mobile Arbeit in der Beschäftigung angewandt wird oder dort, wo es einen Mehrwert in der Ausbildungsqualität bringt.
  • Betriebe und Dienststellen müssen in die Pflicht genommen werden, die Nachwuchskräfte für die mobile Arbeit/Ausbildung zu schulen, um eine Chancengleichheit für alle zu schaffen. Arbeits- und Gesundheitsschutz in der mobilen Arbeit, besondere Herausforderungen in der Kommunikation, Gestaltung des Arbeitsplatzes oder persönliche und Selbstkompetenzen sind nur beispielhaft zu nennen.
  • Wenn mobile Ausbildung im Betrieb angewendet werden soll, muss mobile Ausbildung verpflichtend in den betrieblichen Ausbildungsplänen in Zusammenhang mit den geplanten Zeiten und Inhalten dort eingearbeitet werden.
  • Kostenübernahme durch den Arbeitgeber für die anfallenden Kosten der mobilen Ausbildung (technische Ausstattung, Internet, Heizkosten, Strom, etc.) müssen sichergestellt werden.
  • Die ver.di Jugend lehnt Distanzunterricht in berufsbildenden Schulen als Regelform der Beschulung ab. Distanzunterricht ist kein sinnvolles Instrument, um mangelhafte Schulnetzplanung zu ersetzen. Zu fördern ist hingegen die Nutzung digitaler Möglichkeiten zur Vernetzung der Schulen und dem Austausch von Lerninhalten und Kompetenzen unter anderem um kleinere Fachklassen miteinander zu vernetzen und so Synergieeffekte zu erzeugen.

 

Arbeits- und Gesundheitsschutz

Mit Blick auf Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden die Regelungen im SGB VII für mobiles Arbeiten erweitert, was eine vorhandene Regelungslücke schließt.

Es fehlen jedoch noch konkrete Regelungen zur Abgrenzung zwischen Arbeit/Ausbildung und Freizeit. Hierbei muss klar geregelt werden, dass ein Recht auf Nichterreichbarkeit bzw. Nichtreaktion in der Freizeit besteht.

Durch die Digitalisierung darf nicht mehr Leistungsdruck entstehen. Sie darf auch nicht zur Kontrolle von Auszubildenden genutzt werden.

Es gibt mehrere Arten von Techno-Stressoren, welche sich belastend auf Beschäftigte auswirken können ( Tarafdar, M. et al. (2007). The impact of technostress on role stress and productivity. Journal of Management Information Systems, 24(1), 301-328.). Dazu zählen “Techno-complexity” - die Notwendigkeit, Zeit in die Wissensaneignung zu neuen Technologien zu stecken, “Techno-insecurity” - der Wettbewerb zwischen Beschäftigten mit viel und wenig Technologieerfahrungen, “Techno-uncertainty” - die Notwendigkeit ständiger Anpassungsleistungen, “Techno-invasion” - die ständige Erreichbarkeit und das Verschwimmen von Arbeits- und Privatleben und “Techno-overload” - der Zwang zur Arbeitsverdichtung, Zunahme der Arbeitsintensität, Informationsfluss und Komplexität der Aufgaben. Diese Stressoren müssen bei dem Arbeits- und Gesundheitsschutz in Betrieb und Dienststellen mit berücksichtigt werden.

Politische Forderungen

  • Die Schaffung und Einhaltung von Instrumenten, um die strikte Trennung/ Abgrenzung von Ausbildung und Freizeit im Rahmen von Digitalisierungsprozessen zu fördern und vor allem in der mobilen Ausbildung drohenden Entgrenzungen entgegenzuwirken.
  • Eine Sensibilisierung und die Auseinandersetzung mit technischen Stressoren in der Arbeits- und Ausbildungswelt. Die daraus resultierenden Gefahren müssen durch Arbeits- und Gesundheitsschutz ernstgenommen und dem entgegengewirkt werden.
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